Jean-Marc Bustamente
A world at a time
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Jean-Marc Bustamante wurde 1952 in Toulouse geobren und gehört zu den anerkannten jungen Künstlern. Trotzdem ist die Ausstellung ‘A WORLD AT A TIME’ im Kunstmuseum Wolfsburg erst seine zweite Einzelausstellung in Deutschland. Im Laufe der Jahre hat Jean-Marc Bustamante ein komplexes Werk geschaffen, das über vorgefertigte Theorien und Systeme weit hinausgeht. Seine Sicht der Welt drückt er seit 1977 in großformatigen Fotos aus. Gleichzeitig hat er Skulpturen entwickelt, die sich mit Landschaften, mit Orten und Stätten und mit der dortigen Abwesenheit des Körpers beschäftigen. Ein wesentliches Thema dabei ist die Verknüpfung des gedanklich abstrakten ‘Raumes’ mit dem realen Raum in Natur und Architektur.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg zeigt deutlich den Prozess der Umwaldung eines sehr fassbaren Ortes, eines Un-Ortes in einen tatsächlich erfahrbaren Raum. Für Wolfsburg und für das neue Museum ist dies sowohl im übertragenen Sinne zu verstehen, als auch konkret – im Bezug auf das Gebäude. Umgekehrt werden aber auch die Arbeiten erst im vorgegebenen Raum greifbar.
Die große Ausstellungshalle des Kunstmuseums Wolfsburg bezeichnet Jean-Marc Bustamante als ‘eine Herausforderung’. Hier kann er zum ersten Mal seine drei großen Bodenskulpturen ‘Site I, II und III’ aus den Jahren 1991/92 in einem Raum installieren. ‘Site’ übersetzt er mit ‘Stätte’ und bezieht damit den historischen Kontext ein, in dem ein Ort steht. Jede Arbeit ist ca. 5 x 5 m groß und wiegt über 2,5 Tonnen. Gefertigt aus Stahl, wurden die Plastiken nach dem Zusammenschweißen mit der orangen Rostschutzfarbe Bleimennige angestrichen. Diese Vorstreichfarbe soll den Schwebezustand verdeutlichen, in dem sich die Skulpturen befinden: nicht mehr unbearbeitet, aber auch noch nicht fertig. Auf ‘Site I und II’ sind Strukturelemente aufgestellt, die wir aus unserem täglichen Umgang mit Architektur kennen und die so zu einem Teil unserer Kultur geworden sind. Ihr modellhafter, zaunartiger Charakter soll uns jedoch auch die Begrenzungen von Architektur vor Augen führen. Die Stangen hingegen, die auf ‘Site III’ liegen, sind Material, aus dem ein Gebäude erst noch konstruiert werden muss.
Zum ersten Mal werden in der großen Halle des neuen Museums die Arbeiten eines zeitgenössischen Künstlers zu sehen sein, jetzt muss sich zeigen, ob sich die Skulpturen in der Halle behaupten können. Werden sie Widerstand leisten und ihre Autonomie verteidigen oder ist die Halle der Wal, der die Skulpturen wie Krill verschlingt?
Den massiven Stahlplastiken stellt Jean-Marc Bustamante elf Cibachrome gegenüber, die er wie alle seine Fotoarbeiten ‘Tableaux” nennt. Die Reihe der großformatigen Fotos entstand 1991 in der Nähe von Barcelona. Vertikale Zypressen heben sich in dunklen schweren Eichenholzrahmen mit den Maßen 1,60 x 1,40 m von den Wänden fast plastisch ab.
Die dritte Werkgruppe besteht aus neuen, wenige Monate alten Skulpturen: ‘Des Arbres de Noel’ (Die Weihnachtsbäume). In ihnen verbinden sich organische und geometrische Formen. Der Umriss gewinnt wie in allen neueren Arbeiten an Bedeutung, der Rückgriff auf eine Zeichnung wird sichtbar. Im Gegensatz zu der großen, floralen Bodenform, die er auf der documenta IX zeigte und die er völlig homogen lackierte, behandelt er die Oberfläche der 2,50 m hohen Bäume aus 1 cm dicken Stahlplatten sehr viel freier. Mehrere Farbschcihten lassen einen malerischen Duktus erkennen, während die phallische Form mit scharfer Spitze eine brutalere, aggressivere Seite seiner Arbeiten offenbart. Die Ausstellung zeigt ein breites Spektrum der Arbeit des Künstlers, den Umgang mit architektonischen, skulpturalen, fotografischen, zeichnerischen und malerischen Elementen.
‘Meine Arbeiten mögen manchmal kalt erscheinen, aber eigentlich habe ich ein sehr ausgeprägtes Verhältnis zur Materie, zur Erde, zum Stahl, zum Beton, zu den Stätten… Ich stelle keine Berechnungen an, damit meine Skulpturen ausbalanciert wirken, aber der sensible poetische Charakter der Plastiken, ihre analytischen Dimensionen, geben ihnen ein Gleichgewicht, eine formale Ausgewogenheit im Bezug auf die Geschichte… An der Form meiner Skulpturen habe ich kein besonderes Interesse. Das ist auch nicht, was ich suche. Das, was ich will, ist die Beziehung zwischen dem Kunstwerk und dem Betrachter zu verändern. Es ist nicht länger das Werk, das die Führung übernimmt, das insturiert. Es muss erst selbst die Existenz desjenigen bezeugen, der es ansieht und der so die gleiche Verantwortung für das Werk erhält’.