Gary Hill

Eine Frage der Wahrnehmung

30. 11. 2024 — 16. 3. 2025

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Bilder und Sprache werden zerlegt und neu erzeugt, Gesten in Sprache verwan­delt, Farben werden vertauscht und manipu­liert, Texte vorwärts und rückwärts gespro­chen. Aus einer Lautspre­cher­mem­bran, die langsam mit Sand zugeschüttet wird, hört man zuletzt, dass hier eine Stimme begraben liegt … Die Ausstel­lung Gary Hill. Eine Frage der Wahrneh­mung zeigt, wie der US-ameri­ka­ni­sche Medien- und Konzept­künstler seit über fünf Jahrzehnten das Wesen von Bild und Sprache durch das Medium Video offenlegt.

Seit den 1970er-Jahren gehört Gary Hill (*1951 in Santa Monica, lebt in Seattle) zu den bedeu­tendsten Künstlern, die mit Video, Sprache und elektro­ni­schen Medien arbeiten. Mit seinem unnach­ahm­li­chen Gespür für die techni­schen und konzep­tu­ellen Möglich­keiten hat er maßgeb­lich dazu beigetragen, die medialen Grenzen zwischen Video‑, Perfor­mance- und Konzept­kunst in der zeitge­nös­si­schen Kunst zu überwinden. Lange bevor die mediale Manipu­la­tion Einzug in den Alltag hielt, brachte Gary Hill die Elemente Bild, Sprache und Text im Video immer wieder aufs Neue zusammen, sodass seine Werke ein beson­deres Bewusst­sein dafür schaffen, wie wir unter­schied­liche Infor­ma­tionen wahrnehmen und verarbeiten.

Die Videos und Instal­la­tionen von Gary Hill erzählen keine Geschichten, ganz im Gegenteil: Mittels der techni­schen Möglich­keiten orches­triert, moduliert und insze­niert er Erfah­rungen oder phäno­me­no­lo­gi­sche Erschei­nungen. Diese säen einer­seits ein erwei­tertes Bewusst­sein und ander­seits eine tiefe Skepsis an der Konstruk­tion von Wahrneh­mung, Bedeutung oder Wirklich­keit. Weit über eine reine Bild- und Medien­kritik hinaus veran­lassen uns seine Arbeiten dazu, unsere gewohnten Wahrneh­mungs­muster, aber auch unser Urteils­ver­mögen infrage zu stellen. Über die Strategie der Diskon­ti­nuität entwi­ckelt er neue visuelle und auditive Wahrneh­mungs- und Kommu­ni­ka­ti­ons­an­ge­bote. Mit seiner Kunst nimmt er Bezug auf alltäg­liche, persön­liche, litera­ri­sche, wissen­schaft­liche sowie philo­so­phi­sche Erfah­rungen und Themen. Dabei ist das Medium niemals nur Mittel zur Darstel­lung, sondern immer Ort der Reflexion. Er zeigt, „dass die Bilder nicht einfach da sind, sondern mit dem Licht jeden Moment entstehen“ (Gottfried Boehm).

Alle Video­ar­beiten Gary Hills sind von starker Inten­sität und erzeugen gleich­zeitig eine große Intimität. Inhalt­lich und in ihrer medialen Dynamik arbeiten sie dabei niemals auf eine schnelle Pointe oder einen bestimmten Höhepunkt zu. Es ist eine besondere Eigen­schaft seines Werkes, dass Gary Hill sowohl die Inhalte als auch die Effekte stets in einem produk­tiven Gleich­ge­wicht hält. Insbe­son­dere diese Ausge­wo­gen­heit ermög­licht es, Zeitlich­keit bewusst und intensiv zu erleben. Manchmal brennen sich die Bilder dabei buchstäb­lich auf unsere Netzhaut ein oder entwi­ckeln eine so starke physische Präsenz, dass einzelne Bilder und Worte lange in unserer Erinne­rung widerhallen.

Mit 46 Werken aus fünf Jahrzehnten besitzt das Kunst­mu­seum Wolfsburg den größten Sammlungs­be­stand des ameri­ka­ni­schen Video­pio­niers in Deutsch­land. In den letzten Jahren sind einige neuere Instal­la­tionen hinzu­ge­kommen, die in dieser Ausstel­lung erstmals gezeigt werden.

Kurator*innen:
Holger Broeker, Elena Engelbrechter

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