Oskar Kokoschka

Humanist und Rebell

26. 4. — 31. 8. 2014

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Das Kunst­mu­seum Wolfsburg wird 20 Jahre alt. Diesem Jubiläum ist die Ausstel­lung „Oskar Kokoschka. Humanist und Rebell” gewidmet, in der vornehm­lich das Porträt­werk dieses heraus­ra­genden Künstlers der Moderne vorge­stellt wird. Damit entsteht zugleich eine Brücke zur Eröffnung des Hauses im Jahr 1994, als die Überblicks­schau zum Werk des franzö­si­schen Künstlers Fernand Léger den Anfang der Erfolgs­ge­schichte Kunst­mu­seum Wolfsburg bildete. Künstler der Klassi­schen Moderne standen bereits im noch jungen Wolfsburg im Fokus: Heinrich Nordhoff, der frühere Vorstands­vor­sit­zende von Volks­wagen, initi­ierte in den Jahren 1952 bis 1967 viel beachtete Ausstel­lungen zu Franz Marc, Lovis Corinth oder Vincent van Gogh.

In den Porträts Oskar Kokoschkas (1886–1980) begegnen wir einem der hervor­ra­genden Künstler der Moderne im 20. Jahrhun­dert. Kokoschkas Werk, aber auch sein Leben waren geprägt vom Aufbruch der Avant­garde in den sozialen und politi­schen Wirren seiner Zeit. Der rote Faden dieser Ausstel­lung im Kunst­mu­seum Wolfsburg ist die Person Kokoschka selbst: die Personen, die er kannte, sein Blick auf den Menschen und die Gesell­schaft. In seinen Porträts zeigt sich Kokoschka über seine künst­le­ri­sche Größe hinaus als wahrer Humanist und Rebell. Mit seiner expres­siven Malerei und Dramatik der Pinsel­füh­rung wurde er unver­wech­selbar und zudem stilbil­dend für die sogenannten “Neuen Wilden” der 1980er-Jahre.

Das Kunst­mu­seum widmet diese besondere Ausstel­lung „Oskar Kokoschka. Humanist und Rebell” seinem 20-jährigen Jubiläum und knüpft mit ihr an seine Eröffnung im Jahr 1994 an − damals mit Werken von Fernand Léger − und erinnert zugleich an große Kunst­er­eig­nisse, die bis in die frühe Nachkriegs­zeit der jungen Stadt Wolfsburg zurück­rei­chen. Der frühere Vorstand­vor­sit­zende von Volks­wagen, Heinrich Nordhoff, hatte in den Jahren 1952 bis 1967 viel beachtete Ausstel­lungen zu Franz Marc, Lovis Corinth und Vincent van Gogh, aber auch zu Themen wie Deutsche Malerei, Japani­sche Holzschnitte und Franzö­si­sche Malerei initiiert.

Als der junge Oskar Kokoschka in Wien die Bühne der Kunst betrat, traf er mit seinen von leiden­schaft­li­cher Unruhe geprägten Werken auf das Milieu der Wiener Moderne. 1910 ging er nach Berlin, engagierte sich mit seinen Grafiken für Herwarth Waldens Zeitschrift „Der Sturm”, stellte zusammen mit den Künstlern der Berliner Secession aus und provo­zierte mit seinen Bühnen­stü­cken. Oskar Kokoschka avancierte als Maler, Grafiker und Schrift­steller nicht nur zu einem der promi­nen­testen Vertreter der Wiener Moderne, sondern entwi­ckelte sich zu einem der eigen­wil­ligsten Verfechter des Expressionismus.

Die Ausstel­lung „Oskar Kokoschka. Humanist und Rebell” orien­tiert sich an der Entwick­lung dieses ungewöhn­li­chen Œuvres. Ausgangs­punkt der Ausstel­lung, die 55 Gemälde und 138 Arbeiten auf Papier umfasst, ist Kokoschkas Zeit an der Kunst­ge­wer­be­schule in Wien (1905−1908), sein Wirken für die Wiener Werkstätte und die Werke für die Kunst­schau 1908, die bis heute als bahnbre­chendes Ereignis der Wiener Moderne gilt. Durch Wien wehte der Geist des Aufbruchs und der Avant­garde, beein­flusst durch Persön­lich­keiten wie Gustav Klimt, Sigmund Freud, Gustav Mahler und Arthur Schnitzler. 1909 erregte der vielseitig begabte Kokoschka mit seinem Bühnen­stück „Mörder, Hoffnung der Frauen” einen Skandal. Aus Protest gegen die heftige Kritik ließ er sich den Kopf kahl scheren. Es folgten Kokoschkas frühe Bildnisse, die in Wien meist durch die Vermitt­lung von Adolf Loos’ zwischen 1909 und 1914 entstanden sind, darunter von Freunden wie dem Publi­zisten und Satiriker Karl Kraus und dem Schau­spieler Karl Etlinger. In seinen expres­siven, am Menschen und seiner Umgebung orien­tierten Bildfin­dungen dieser Jahre lehnte er sich gegen den vorherr­schenden Histo­rismus und den vom Ornament geprägten Jugend­stil auf. Die Berliner Jahre 1910−1916, in denen er immer wieder Reisen nach Wien unternahm, waren durch die Zusam­men­ar­beit mit Herwarth Walden und seiner Zeitschrift „Der Sturm” geprägt. Als Kokoschka 1910 nach Berlin ging, lernte er Franz Marc kennen und traf sich mit Schrift­stel­lern wie Else Lasker-Schüler, Rudolf Blümner, Peter Baum, Richard Dehmel und Alfred Kerr, deren Bildnisse sich in der Ausstel­lung wieder­finden. Seine turbu­lente Beziehung zu Alma Mahler, der Witwe des Kompo­nisten Gustav Mahler, in den Jahren 1912−1914 inspi­rierte ihn zu zahlrei­chen Gemälden, Drucken und Zeich­nungen sowie zu ersten Arbeiten zum Thema Musik. Als Alma Mahler jedoch das gemein­same Kind abtreiben ließ und sich die beiden daraufhin trennten, stürzte dies Kokoschka in eine tiefe Krise, und er meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst.

Nach schwerer Verwun­dung und Genesung nahm er von 1916 bis 1923 eine Professur in Dresden an. In dieser Zeit (er-)fand sich Kokoschka künst­le­risch und persön­lich neu. Um über die Trennung hinweg­zu­kommen, ließ er sich 1918 eine lebens­große Puppe nach dem Vorbild Alma Mahlers anfer­tigen. Dieses kuriose Objekt diente ihm als Motiv für eine Reihe von Bildnissen. Die größte Verän­de­rung nach der erzwun­genen Malpause in den Kriegs­jahren betraf den Übergang von einer­Ma­lerei, die vornehm­lich auf der Zeichnung basierte und in der oft noch die Linie dominierte, hin zu einer Malweise, in der die Form von der Farbe ausgehend aufgebaut wurde.

Kokoschka verließ Dresden 1923, um durch Europa und Nordafrika zu reisen. Nach diesen ausge­dehnten Reisen, auf denen er zahlreiche Tierbild­nisse malte, kehrte er 1931 nach Wien zurück, pendelte aber zwischen Paris und Wien, bis er 1934 Öster­reich wegen der politi­schen Umstände verließ und nach Prag flüchtete, wo er seine spätere Frau Olda kennen­lernte. Hier und in den Jahren des Exils in London entstanden die meisten der allego­ri­schen Frauen­bild­nisse sowie zahlreiche politi­sche Arbeiten. Über 400 Werke Kokoschkas wurden in deutschen Museen von den Natio­nal­so­zia­listen konfis­ziert und teilweise zerstört. Kokoschka, dessen Werke in der Münchner Ausstel­lung “Entartete Kunst” angepran­gert waren, wurde selbst als »Kunst­feind Nr. 1« diffa­miert. 1953 übersie­delte Kokoschka mit seiner Frau Olda, die er 1941 in London gehei­ratet hatte, nach Ville­neuve in die Schweiz.

Die Ausstel­lung endet mit dem Blick des Künstlers auf sich selbst, der Gruppe der Selbst­bild­nisse, die zwischen 1906 und 1972 entstanden sind: »Und wenn ich Selbst­por­träts gemacht habe (…), dann nur um nachzu­prüfen: Was ist eigent­lich der Mensch? Der Mensch ist nicht bloß die Oberfläche, nicht das, was man fotogra­fieren kann.«

Die Ausstel­lung wird von der Volks­wagen Financial Services AG unterstützt.

Der Katalog zur Ausstel­lung ist zum Preis von 38 Euro erhält­lich und auch im Online­shop zu bestellen.

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