Robert Lebeck
1968
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„Das Jahr der Studentenunruhen fand ohne mich statt“, so resümiert der deutsche Fotograf, Bildjournalist und Sammler Robert Lebeck (1929–2014) in den „Erinnerungen eines Fotoreporters“ seine Erfahrung des Jahres 1968: „Als in Paris die Barrikaden brannten, arbeitete ich in Florida an einer Serie über zwei ermordete Studentinnen; während Studenten vor dem Springer-Hochhaus demonstrierten, fotografierte ich die Taufe von Hildegard Knefs Kind; und als die Russen in Prag einmarschierten, begleitete ich gerade den Papst nach Bogotá.“
Bei genauerer Betrachtung der Kontaktbogen, Fotoabzüge sowie Reportagen von Robert Lebeck, die in eben diesem epochemachenden Jahr für den „Stern“, eine der damals auflagenstärksten Illustrierten Deutschlands, entstanden sind und in dieser Ausstellung erstmals umfassend präsentiert werden, zeigt sich allerdings, wie sehr sich entgegen der Einschätzung des Fotografen die gesellschaftlichen Veränderungen in seinen pointierten Aufnahmen spiegeln. In der Ausstellung „Robert Lebeck. 1968“ werden – fünfzig Jahre später – die im mythisierenden Rückblick bislang nicht immer wahrnehmbaren roten Fäden des Jahres zwischen Aufbruch, Protest, Beharren und Scheitern anhand beispielhafter Fotografie-Serien sichtbar, die Robert Lebeck in New York, Bogotá, Kassel, Belfast oder Wolfsburg erstellt hat.
Viele von ihnen sind – das macht den besonderen Reiz der Ausstellung aus – nie gedruckt worden und der Öffentlichkeit bislang komplett unbekannt. Ob „Geschiedene Frauen“, Rudi Dutschke in Prag, Robert F. Kennedys Beerdigung oder Joseph Beuys auf der documenta: Stets trifft in Robert Lebecks Arbeiten verdichtete Zeitgeschichte auf starke Bildreportage sowie Fotokunst.
Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS) der Stadt Wolfsburg statt und wird gefördert durch die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg.
Der Katalog
Das Buch zur Ausstellung, herausgegeben von Ralf Beil und Alexander Kraus, gestaltet von Cordula Lebeck, erscheint im Steidl Verlag, Göttingen, und vereint Essays zur Zeitgeschichte, Bildreportage und Fotokunst von Ralf Beil, Michael Glasmeier, Fabian Köster, Alexander Kraus, Aleksandar Nedelkovski, Stefanie Pilzweger-Steiner, Stephan Ruderer, Annette Vowinckel, Martina Winkler und Ulf Erdmann Ziegler, eine umfangreiche Auswahl bislang unveröffentlichter Fotografien und Kontaktbogen sowie die wichtigsten Reportagen des Jahres 1968. Hardcover, 360 Seiten, 226 Abbildungen, 24 x 30 cm, deutsche und englische Ausgabe, 38 Euro im Museumshop.
Digital Trifft Analog – Die App “SonoWob”
Die Ausstellung „Robert Lebeck. 1968“ ist seit Ende April durch 26 großformatige Fototafeln auf der Wolfsburger Porschestraße erweitert und digital erlebbar. Ergänzende Informationen zu den jeweiligen Fotografien können über die dazugehörige App „SonoWob“ auf dem Smartphone aufgerufen werden. Die App ist in den entsprechenden App-Stores kostenlos verfügbar.
Das Projekt läuft bis zum 23. September, dem Ende Ausstellung “Robert Lebeck. 1968” und wurde gemeinsam vom Kunstmuseum Wolfsburg mit dem InnovationsCampus der Wolfsburg AG und designer outlets Wolfsburg unter dem Dach von #WolfsburgDigital initiiert.
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Pressestimmen
Journalistische Fotokunst von 1968, dem Jahr von Protest, Aufbruch und Unruhe weltweit. Ideologien und Parteien waren Robert Lebeck schnurz. Menschen waren ihm wichtig, verdichtete Augenblicke. Zwölf Monate, vierundzwanzig Reportagen, viele Abzüge bisher unveröffentlicht […]. 1968, das Schicksalsjahr, in dem auch viele Hoffnungen begraben wurden […]. Der Stern-Fotograf bildet die Wirklichkeit ab, die Redaktion zuhause biegt sich die Bilder zurecht […] Fakes in den News, schon damals. In Wolfsburg jetzt Robert Lebeck ganz unverfälscht.
Peter Kunz, heute journal ZDF, 1.3.2018
Die gezeigten Arbeiten beweisen, wie bei Lebeck Fotokunst und verdichtete Reportagefotografie eine Symbiose eingehen und historische Zeitdokumente schaffen, die den Geist von ’68 einprägsamer einfangen als viele bekanntere Fotografien aus diesem wilden Jahr. Die Wolfsburger Schau beweist: Lebeck besitzt das Label ‚Chronist einer Epoche‘ zu Recht. Wer diese Ausstellung sieht, wird spüren, wie anders und groß die Reportagefotografie in Deutschland einmal war.
Kevin Hanschke, Die Welt, 8.3.2018
Mit seinen Fotos hat Robert Lebeck die Menschen nicht nur abgebildet, sondern ihre Geschichte erzählt.
Sabine Hausherr, NDR, Hallo Niedersachsen, 2.3.2018
Rudi Dutschke spricht in Prag, Studentenbarrikaden oder der Papstbesuch in Bogotá – die Fotos von Robert Lebeck sind legendär!
Jochen Stöckmann, Deutschlandfunk Kultur, Fazit, 1.3.2018
Der Schatz, der jetzt im Museum präsentiert wird, sind zum großen Teil bisher unveröffentlichte Fotos, die auch dokumentieren, mit welchem Aufwand Illustrierte wie der Stern vor 50 Jahren arbeiten konnten […]. Gelungen ist die Präsentation der Bilder Lebecks. Die gesellschaftliche Zerrissenheit 1968 erfährt der Besucher gleich zu Beginn im ersten der großzügig gestalteten Ausstellungsräume. Zu den riesigen Bildern an den Wänden ertönt eine Toncollage – Heintje besingt „Mama“, Martin Luther King träumt von einer gerechten Welt, amerikanische Helikopter greifen ihre Ziele in Nordvietnam an […].
Stefan Branahl, KirchenZeitung, 11.3.2018
Das Jahr der Studentenunruhen fand ohne mich statt“, erklärte Robert Lebeck. Das macht fast gar nichts. Lebecks Fotos zeigen ein paar Bruchstücke der Welt, aus der der Protest kam, worin der Protest sich bewegte. Es ist eine Welt schmieriger Pseudomachos wie des Freundes von „Ursula Trauberg“, von Kriegen, bewaffneten Kämpfen und Attentaten, vom Protest dagegen, der ein Teil davon ist, von Aufbrüchen und deren Scheitern. Geschichte eben.
Arno Widmann, Berliner Zeitung, 7.3.2018
Die Ausstellung arrangiert die Reportagen nicht nach örtlicher Nähe, sondern nach der Chronologie der Entstehung. So kommt es einerseits zu verblüffenden Verfremdungseffekten, weil man beim Übergang der Räume Ozeane, ja, Sinnhorizonte überquert: auf New York folgt Wolfsburg, und das ist hart. Andererseits schärfen diese Brüche den Blick für das Verbindende und schaffen Spiegelungen nicht nur in Ästhetik und Komposition der Bilder, sondern auch in ihren Sujets.
Jonas Lages, Der Tagesspiegel, 12.3.2018
Es ist die Dynamik, die emotionale Nähe und zugleich der Anspruch der objektiven Dokumentation, die Robert Lebecks Fotografien außergewöhnlich machen. Die Symbolik ist mal feinsinnig, mal springt sie dem Betrachter förmlich ins Gesicht: Immer aber wohnt den Fotografien eine solche Ästhetik inne, dass sie gar nicht anders können, als zu fesseln. Sie sprechen, die Bilder.
Eva Hieber, Wolfsburger Nachrichten, 2.3.2018
Die von Ralf Beil und Alexander Kraus aus dem Robert-Lebeck-Archiv zusammengestellte und ausführlich historisch eingeordnete Schau in Wolfsburg erzählt sehr detailliert und vielstimmig von einer Zeit vor 50 Jahren, als es um Weltentwürfe und historische Weichenstellungen ging, um drängende Hoffnungen und die Gewalt des Schlussstrichs. Doch gerade weil die meisten dieser Bilder die Sensationskontrolle der Stern-Redaktion nicht passierten, liefern sie in der historischen Distanz ein subtiles, genaues und sehr persönliches Bild dieses vermeintlichen Schicksalsjahres.
Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung, 2.4.2018
[…] es sind die Brüche zwischen den Bildern und ihrer Präsentation, die aus der Ausstellung besonders in Erinnerung bleiben, denn sie erzählen eine Geschichte, die ebenso zu 1968 gehört wie Dutschke und Bobby Kennedy, die Geschichte der Pressefotografie in Deutschland. Man fährt nach Wolfsburg, um die Bilder eines Umbruchs zu sehen, und kehrt mit einer Lektion über den Umbruch von Bildern zurück. […] Geschichtsschreibung ist nur eine andere Art der Fotomontage. Dem Bildreporter Lebeck musste man das nicht erklären. Er hat es erlebt.
Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.3.2018
Lebeck machte seine hochkarätigen Bilder dort, wo ihn die Chefredaktion des Stern hinschickte. […] Neben der Beerdigung des ermordeten US-Politikers Robert Kennedy war auch der Papst-Besuch in Bogotá Thema einer Bildreportage. Obwohl die Fotografie als angeblich wirklichkeitsgetreues Medium das Image des Stern prägte, drehten und schnitten sich die Redakteure die Bilder zurecht, um sie zu dramatisieren, ja, sie kreierten Fake Images. […] Das ist durch die ausgewerteten Kontaktbögen erkennbar – dies zeigen zu können, ist der größte Coup der Ausstellungsmacher.
Matthias Reichelt, Junge Welt, 9.4.2018
Die Geschichte, so lernt man es nun also in Wolfsburg, passiert nicht einfach so, sie wird gemacht. Im Falle des Sterns, damit er sich besser verkaufen ließ.
Ronald Berg, Kunstforum International, 1.4.2018